725 Jahre Stadt- und Pfarrrechte – Propst stand über dem Bürgermeister

 

Am 16. Dezember 1296 verlieh Erzbischof Siegfried II.von Westerburg, Erzbischof von Köln, Belecke Stadtrechte.  Diese Urkunde ist bis heute erhalten. Über dieses für die Belecker wichtige Ereignis referierte am Freitagabend Historiker und Heimatkenner Werner Rellecke vor der St. Pankratius-Kirche vor einem interessierten Publikum. Eigentlich wollten die Belecker die Verleihung der Stadt- und Pfarrrechte mit einem Fest begehen, vielleicht wie vor 25 Jahren. 

Pfarrer Markus Gudermann freute sich, dass Kirche und Staat im hiesigen Raum seit 725 Jahren ein eingespieltes Team seien. Kirche und Staat, gestern und heute müsse man verstehen und immer wieder die von Menschen gemachte Geschichte in Erinnerung holen. „Wir sind Teil der Geschichte. Damals wirkten die Benediktiner in Belecke. Noch heute spürt der junge Benediktiner-Bruder Vincent (Jonas Grunwald) der in zwei Wochen in der Heilig-Kreuz-Kirche seine Primiz feiern wird, dass in der alten Pfarrkirche die Brüder gewirkt haben“, so Gudermann. 

„725 Jahre Stadt- und Pfarrrechte in Belecke kann man nicht an einem Abend vorstellen, ich kann nur einen kleinen Teil dieser langen Geschichte vortragen“, so begann Werner Rellecke sein Referat. Die Zeit von 1000 bis 1300 war eine Blütezeit, ein wirtschaftlicher Aufschwung. Die Ursache hierfür war ein Klimawandel, nicht so wie heute ein Menschengemachter, sondern auf der Südhalbkugel wurde es kälter, es gab hier keine Dürreperioden. Die Landwirtschaft florierte. Um 1300 lebten etwa 14 Millionen Menschen in dem Gebiet des heutigen Deutschlands. Vor der Stadtgründung gab es lediglich Höfe in Altenbelecke, dem Bereich des heutigen Effelner Weges. 

Zur Zeit der ersten urkundlichen Erwähnung, also um 938, soll eine königliche Burg im Bereich der oberen Wilkestraße gestanden haben. Zur Burg gehörten einige Ritter und Zivilpersonen zur Bewirtschaftung der Burg. Später hatte die Burg ihre militärische Bedeutung verloren, die Bauern errichteten in den Wiesen von Wester und Möhne kleine Höfe. Etwa 80 Jahre später ist von einem königlichem Hof namens Badilicka die Rede. Unter Erzbischof Anno II. von Köln wird der Hof kirchliches Gut, eine Tochtergründung Siegburgs in Grafschaft bei Schmallenberg. Später ist es ein bischöflicher Hof, damit war die Grundlage zur späteren Propstei gelegt. 

Warum liess der Erzbischof Städte gründen? 

Das ausgehende 13. Jahrhundert war eine unruhige Zeit im Rheinland und Westfalen. Der Erzbischof war sehr streitlustig und wollte seinen Machtbereich ausbauen. Zu seinen Gegnern gehörte die Grafschaft Arnsberg und das Bistum Paderborn. Beide Herrschaften unterstanden kirchlich und politisch dem Erzbischof von Köln. Vor diesem Hintergrund hatten es die Arnsberger und Paderborner schwer, sich gegen den mächtigen Gegner zu behaupten. Nur Stadtgründungen waren ein geeignetes Mittel. Am 16. Dezember 1296 rief Erzbischof Siegfried von Westerburg zur Gründung einer neuen Stadt auf dem Propsteiberg auf. 

Es gab Streit zwischen den Arnsberger Grafen und den Kölner Erzbischöfen. Somit wurde erst 1307 die Stadtgründung fortgesetzt. In einer Urkunde wird eine Mühle erwähnt, deren Errichtung und Schließung dem Propst untersteht, dabei handelt es ich mit ziemlicher Sicherheit um Stütings-Mühle. 

Wie groß war Belecke? 

Die befestigte Fläche der neuen Stadt umfasste etwa sieben Hektar, eine Größe die der heutigen Altstadt entspricht. 55 Hausstätten waren ausgewiesen, heute stehen in der Belecker Altstadt etwa 60 Häuser. Die Anzahl hat sich in den letzen 700 Jahren kaum verändert, auch nach dem Stadtbrand von 1805 nicht. Gegen 1326 hatten sich in Belecke städtische Gremien gebildet, dazu zählten der Rat, Stadtgericht und Bürgermeister. Der Kämmerer, der Kirchenrechner, der jüngste im Rat und ein weiteres Mitglied wählten den Bürgermeister für ein oder zwei Jahre. Jeder Bürger musste seine Treue zum Landesherren, Rat und Bürgermeister schwören. Er verpflichtete sich bei Angriffen oder Feuer Dienst zu leisten und sich an Gesetz und Recht zu halten. Jeder Neubürger musste eine Gebühr entrichten und einen Ledereimer zum Feuerlöschen stellen. 

Einzelbestimmungen im Stadtrecht. Unter Paragraf 41 „Erbrecht“ ist nachzulesen: „Wenn ein Mann oder eine Frau starb, so sollen die Kinder den halben Teil des Nachlasses erhalten. Die andere Hälfte verblieb dem Ehegatten, auch im Falle einer Wiederheirat…“ Wie zu sehen ist, es hat bis heute Gültigkeit. 

Nur Bürger hatten das Recht aus dem Stadtwald Bau- und Brennholz zu holen. Gleichzeitig durften sie ihn als Schweinemast nutzen und Milch- und Nutzvieh auf städtischen Weiden führen. So konnte die Einwohnerzahl in Belecke bis zum 19. Jahrhundert etwa gleich bleiben. Es waren wohl kaum mehr als 607 Einwohner. 

Ursprünglich unterstand Belecke dem Pfarrbezirk Altenrüthen. Es bedeutete, dass man zum Messbesuch, Taufe oder Hochzeit nach Altenrüthen gehen musste. Die Porpstei war hiervon ausgenommen, dazu zählten lediglich einige Mönche und eine kleine Anzahl Bediensteter. Heute gilt es als sicher, dass mit der Stadtgründung das Pfarrrecht verbunden war. Und dass das Kloster Grafschaft, vertreten durch den Propst, von Anfang an Inhaber der Pfarrstelle gewesen ist. 

Die Belecker Propstei wird durch Landerwerb von 1101 gegründet, dies ist erst 150 Jahre später vom damaligen Propst Heinrich, er residierte 1243 bis 1258 in Belecke, festgehalten. Unabhängig vom Pfarrrecht gab es 1296 schon eine Kirche in Belecke. In einem Forschungsbericht von 1992: Mit der Gründung der Propstei nach 1100 dürfte die Pankratius-Kirche als von der Pfarrei Altenrüthen abhängige Eigenkirche in enger räumlicher Verbindung zum Klosterhof entstanden sein. 

Die Belecker Propstei hatte sich wirtschaftlich in 200 Jahren sehr gut entwickelt. Der Zehnt aus einem Einzugsgebiet bis weit auf die Haar wurde in Belecke gesammelt bzw. vereinnahmt. Da lag der Gedanke gar nicht so fern hier ein eigenes Kloster zu errichten. Doch die Grafschafter Äbte wollten dies auf jeden Fall verhindern, denn durch eine Neugründung hätten sie an Einfluss, Macht und Einnahmen verloren. 1270 erhielt Grafschaft ein neues Regularium, es regelte die Rechte und Ansprüche zwischen Abt, Kloster und Propstei neu. Dieser Beschluss machte mögliche Bestrebungen weniger attraktiv. Die allgemeinen Zehnt-Einnahmen des Klosters an Wester und Haar wurden nun vom Zehnthof in Warstein verwaltet. 

Es ist anzunehmen, dass mit dem Regularium von 1270 neue Bestimmungen zum Belecker Pfarrrecht verbunden waren. Dies würde bedeuten, dass das Belecker Pfarrrecht nicht 1296 sondern schon 1270 wahrgenommen wurde. 1803 wurde das Kloster Grafschaft zwangsweise aufgelöst. Da zu diesem Zeitpunkt die Propsteikirche auch Pfarrkirche war, konnten die wertvollen Ausstattungen und weitere Schätze in Belecke bleiben. (msp) 

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