Vom Wiederaufbau bis heute
Schon bald nach der Kapitulation der deutschen Wehrmacht begann der Wiederaufbau in Belecke. Der Arnsberger Regierungspräsident Fritz Fries entbot den zurückkehrenden Soldaten den „Gruß der Heimat“, indem er ihnen zurief:
„Heimkehrende Söhne Westfalens!
Ihr habt die Kraft zum Sterben aufgebracht,
bringt nun auch den Mut zum Leben auf!“
Not tat auch die Eingliederung der zahlreichen Ausgebombten und Ostflüchtlinge. Die Integration der großen Anzahl von „Fremden“ war kein leichtes Unterfangen. Landsmannschaftliche und konfessionelle Unterschiede, die sich schon mit der Industrialisierung langsam angedeutet hatten, setzten sich plötzlich rasant und wenig kontrolliert fort. Doch sollte auch hier langsam eine echte Gemeinschaft wachsen. Die Vertriebenen- und Heimkehrerverbände entwickelten ein reges Vereinsleben. Nachdem es Bundeskanzler Adenauer im Jahre 1955 gelungen war, die letzten Kriegsgefangenen aus den sowjetischen Lagern zu befreien, wurde ein Gedenkstein auf der Külbe errichtet, der an diese großartige Tat, aber auch an die Leiden der Vertriebenen und die Toten zweier Weltkriege erinnern soll.
Alles in allem gelang das Aufbauwerk in den Nachkriegsjahren, nicht zuletzt auch wegen der integrierenden Kraft der Bürgerschützengesellschaft Belecke und des Belecker Bürgermeisters Löbbecke. Hinzu kam sicherlich das Glück, dass sich das ausgebombte AEG-Werk Berlin in Belecke im Herbst 1945 einen neuen Standort wählte und viele Menschen dort schnell einen Arbeitsplatz fanden. Bereits im März 1946 wurde offiziell die alliierte Betriebserlaubnis erteilt.
Aber auch ansonsten war in Belecke der allgemeine Aufschwung der 1950er und 1960er Jahre zu verspüren. So konnte schon 1954/55 die neue Volksschule am Westerberg bezogen werden, nachdem zuvor die Belecker Kinder jahrzehntelang in einem Gebäude der Altstadt unterrichtet worden war. Die Bevölkerung stieg von etwa 1.300 vor dem II. Weltkrieg über etwa 3.300 im Jahre 1948 bis ca. 7.200 im Jahre 1972 als Höchststand. Angesichts der zugezogenen evangelischen Mitchristen wurde schon im November 1953 die ev. Christuskirche in der Nähe des Friedhofs eingeweiht. Am 7. Oktober 1961 erfolgte die Konsekration der kath. Hl. Kreuz-Kirche am heutigen Rüther-Platz. Einen schweren Schicksalsschlag erlitt der Großraum Belecke am 9. März 1963, als eine Explosion in der Gesenkschmiede der Siepmann-Werke 20 Arbeitern das Leben kostete.
Das Jahr 1963 brachte die Eröffnung der Realschule. Sie war zunächst im Alten Rathaus, dann in der Neuen Schule (heute Haus Jesse) in der Wilkestrasse untergebracht. Sie ist die einzige Realschule in der Stadt Warstein und konnte schon im September 1966 in die neu erstellten Räume nahe des Wilkeplatzes einziehen. Im Jahre 1968 erlebte sie die Fertigstellung einer Turnhalle und eines Lehrschwimmbeckens, im Jahre 1971 ihre notwendig gewordene Erweiterung. An der Realschule befindet sich auch die Theateraula, der einzige Bau seiner Art in der Stadt Warstein mit vielfältigem kulturellen Programm im Jahreslauf. Im Jahre 1963 zog auch die ev. Grundschule, die bereits 1948 mit Unterrichtsräumen im Rathaus untergebracht worden war, in neue Räumlichkeiten, und zwar am Hohlen Weg. Heute ist dies die Gemeinschaftsgrundschule „Sellerschule“. Zu Beginn des Schuljahres 1970/71 wurde schließlich die kath. Grundschule „Waldschule“ am Lemstich bezogen, die heute aufgrund des demographischen Wandels aber nicht mehr als Grundschule genutzt wird. Schließlich sei die Hauptschule Möhnetal erwähnt, die eine wertvolle Ergänzung des schulischen Angebots für den Großraum Belecke bietet. In der Zukunft werden Kooperationen folgen, die im Großraum Rüthen-Belecke-Warstein ein ausreichendes Schulangebot sichern helfen werden.
Das Jahr 1975 zeitigte einen tiefgreifenden und von vielen immer noch nicht verwundenen Einschnitt in die heimische Kommunalstruktur aufgrund des Neugliederungsgesetzes vom 9. Juli 1974: Die neue Stadt Warstein wurde geschaffen durch den Zusammenschluss des Amtes Warstein, bestehend aus den Städten Belecke, Hirschberg und Warstein und den Gemeinden Allagen, Mülheim, Sichtigvor und Waldhausen, mit der Gemeinde Suttrop aus dem Amt Rüthen und dem Wohnplatz Drewer Heide, Gemeinde Drewer. Wäre Belecke dank der Kaiser-Heinrich-Quelle, die seit 1971 als städtischer Eigenbetrieb geführt wurde, staatlich anerkanntes Heilbad geworden, so hätte die Stadt möglicherweise den Gesamtnamen „Bad Belecke“ erhalten. Für die kommunalen Spitzen stand damals fest, dass in jedem Falle nur die sog. B-Gemeinde, wie sie dann gebildet wurde, und nicht die A-Gemeinde mit Belecke und dem Möhnetal die nötigen Entwicklungsperspektiven bot. Die neue Stadt Warstein wurde aus der traditionellen Verankerung im kurkölnischen Sauerland gelöst und dem neu dimensionierten Kreis Soest zugeschlagen. Die Stadt Belecke, vormals Kreis Arnsberg, verlor endgültig ihre kommunale Eigenständigkeit.
Erster Bürgermeister der Stadt Warstein wurde 1975 Hermann Kroll-Schlüter (CDU), der dieses Amt zuvor in der Stadt Belecke inne gehabt hatte. Ein großes Ereignis in der Belecker Stadtgeschichte war die 1050-Jahr-Feier vom 5. bis 11. September 1988.
Ein Jahr später wurde am Sturmtag die zum Jubeljahr von dem Belecker Künstler Frijo Müller-Belecke geschaffene Bronzeplastik zur Belecker Stadtgeschichte auf dem Wilkeplatz feierlich eingeweiht. Sechs stilisierte Eichen zeigen im Geäst mehrere Abschnitte der Stadtgeschichte, nämlich die ersten urkundlichen Zeugnisse, die Stadtrechtsverleihung im Jahre 1296, die Soester Fehde mit dem Kampf des Jahres 1448, den Stadtbrand von 1805, die Stadt Belecke als wichtigen Verkehrsknotenpunkt sowie Landwirtschaft, Handwerk und Industrie im modernen Belecke.
Der Fall der Berliner Mauer wurde auch in Belecke mit freudiger Begeisterung aufgenommen. Am Vorabend des Wiedervereinigungstages, des 3. Oktobers 1990, wurde am Schulzentrum in Erinnerung an diesen denkwürdigen Tag durch den seinerzeitige Ortsvorsteher Joseph „Seppel“ Friederizi in einer Feierstunde ein Eichenbaum gepflanzt.
Meilensteine in der Bewahrung und Förderung der Kultur in Belecke waren sodann die festliche Eröffnung der „Belecker Schatzkammer“ als zweitgrößtem Sakralmuseum des Erzbistums Paderborn im Jahre 1992 (die ersten Planungen begannen schon 1987) sowie im Jahre 1994 die Einweihung von Stütings Mühle als neuem Domizil der Belecker Stadtbücherei. Mit einer gediegenen Feier wurde 1995 zum Abschluss der 1988 begonnenen Altstadtsanierung das Denkmal eines Belecker Originals gefeiert: Abermals aus der Hand von Frijo Müller-Belecke entstand eine nicht ganz unumstrittene Bronzeplastik der „Melkenden Bäuerin“ mit der berüchtigten Belecker Kuh.
Dass die Belecker immer wieder außergewöhnlich zu feiern verstehen, beweist auch das Historische Altstadtfest zur 700-Jahr-Feier der Verleihung der Stadt- und Pfarrrechte nur ein Jahr später am 7. und 8. September 1996. Gefeiert wurde vor einigen Jahren auch der Durchstich (Ortsumgehung) und im Jahre 2011 der Abschluss der Innenstadtsanierung mit dem neu gestalteten Wilkeplatz im Belecker Ortszentrum.
Das Jahr 1999 endete mit einem freudigen Ereignis für ganz Belecke: Der damalige Papst Johannes Paul II. ernannte den 51jährigen Belecker Prälaten Hans-Josef Becker zum Weihbischof in Paderborn. Die Kirchenglocken von St. Pankratius und Hl. Kreuz verkündeten mit einem feierlichen Festgeläut am Abend des 9. Dezember 1999 das an diesem Tage zeitgleich in Rom und Paderborn bekannt gegebene Ereignis. Seit 2003 ist Hans-Josef Becker sogar Erzbischof einer der größten und bedeutendsten deutschen Diözesen. Immer wieder ist er gerne in seiner Heimatstadt, so zuletzt zum 300-jährigen Jubelfest der Belecker Bürgerschützengesellschaft im vergangenen Jahr. Er wird zum Sturmtag am 15. Mai 2013 das feierliche Pontifikalamt in der Hl. Kreuz-Kirche zelebrieren.