Die Ursprünge an Möhne und Wester
Belecke feiert in diesem Jahr den 1075. Jahrestag seiner urkundlichen Ersterwähnung im Jahre 938 n. Chr. In loser Folge wollen wir über die Geschichte dieses Ortsteils der Stadt Warstein berichten. Eine Geschichte, die schon weit vor dem Jahre 938 n. Chr. begann.. Denn schon etwa 2000 v. Chr. sind die ersten menschlichen Spuren im Möhnetal nachgewiesen. Die Frage nach der frühesten Besiedlung Beleckes, also der Gründung eines Ortes, ist aber letztendlich nicht geklärt. Die Quellen schweigen hierzu.
Es wird zum einen ein Ursprung entweder aus der Zeit um 768 n. Chr., als die Franken entlang der Möhne siedelten, oder aber eine regelrechte Gründung ca. 920 n. Chr. durch den ersten deutschen König, den Sachsen Heinrich I., als regelrechte Trutzburg gegen die unseren Landstrich bedrohenden Ungarn vermutet. Einer „dritten“ Variante soll hier der Vorzug gegeben werden, ohne dass freilich der Bereich des Spekulativen verlassen würde: Im Jahre 772 begannen die sog. Sachsenkriege, die Unterwerfung der heidnischen Sachsen durch den Christen Karl den Großen. Das Startsignal gab die Eroberung der sächsischen Eresburg. Diese Burg lag auf bzw. war wohl im wesentlichen identisch mit einer 900 m langen und 350 m breiten Bergkuppe bei Obermarsberg, die mit ihren nach allen Seiten steil abfallenden Hängen ein beeindruckendes Naturdenkmal darstellt. Gleichzeitig zerstörten die Karolinger das dort gelegene sächsische „Nationalheiligtum“, die Irminsul. Es handelte sich dabei um eine Holzsäule, die die Welt symbolisieren und den Himmel stützen sollte. Die Eresburg wurde nun wie z.B. auch Erwitte militärisch durch Karl den Großen befestigt. Die Annahme liegt nahe, dass in den „Zwischenräumen“ weitere Stütz- und Rastpunkte angelegt wurden, so auch eine Burg Belecke, die ihren Platz auf der Bergnase über dem Zusammenfluss von Möhne und Wester, der heutigen Belecker Altstadt, gefunden haben dürfte. Die Vorteile einer solchen karolingischen Befestigungsanlage liegen auf der Hand: Zum einen war durch die günstige Lage ein hoher militärisch-strategischer Wert gegeben, gleichsam als Wachposten an den nördlichen Randgebieten des unwegsamen Sauerlandes. Zum anderen erstrebte Karl der Große machtvolle Bastionen gegen das immer wieder aufkeimende sächsische Heidentum und also eine tiefe Verwurzelung der von ihm begünstigten Christianisierung Sachsens. Und hier gab es wohl gerade in Belecke Grund zu besonderer Aufmerksamkeit: Im Bereich der Külbensteine, einer mächtigen bewachsenen Anhöhe am Fuße des Haarstrangs, die durch rücksichtslose Ausbeutung des dortigen Gesteins im 19. Jahrhundert durch Sprengungen stark zerstört wurde, dürfte sich eine heidnische Opferstätte befunden haben. Diese Nutzung wurde sicherlich durch die Karolinger nicht länger geduldet und bedurfte daher der Überwachung.
Für das Jahr 938 wird Belecke dann zum ersten Male gesichert schriftlich erwähnt. Gleich drei bedeutende frühmittelalterliche Geschichtsschreiber nennen das „castellum badalike“ (die Gandersheimer Nonne Hrotsvit), das „castellum badalikki“ (der Erzbischof Adalbert von Magdeburg) bzw. das „praesidium badiliki“ (der Mönch Widukind von Corvey). Die Nachrichten laufen auf Krieg und Zerstörung im Zusammenhang mit der in Belecke erfolgten Gefangennahme Heinrichs, des jüngeren Bruders König Ottos des Großen. Übeltäter waren Thankmar, der Halbbruder Ottos, der sich in Erbansprüchen übergangen fühlte, und der Frankenherzog Eberhard. Die Entführung gelang. Heinrich, dessen Erbansprüche übergangen worden waren, wurde von Eberhard in Gefangenschaft gehalten und Belecke zerstört. Vermutlich wurde die Burg nicht wieder aufgebaut, sondern im Bereich des heutigen Effelner Weges eine wohlhabende und ausgedehnte bäuerliche Siedlung errichtet – das „eigentliche“ Altenbelecke, wie es heute noch in Flurbezeichnungen heißt. Um 972 schenkte Kaiser Otto II. den „locus patelecke“, also die Ortschaft Belecke, seiner Gemahlin Theophanu. Hiermit dürfte sich die Annahme bestätigen, dass es sich um einen Ort von nicht unbedeutender Größe und landwirtschaftlicher Stärke gehandelt haben musste, da ein kaiserliches Geschenk wohl kaum einen belanglosen Flecken zum Gegenstand gehabt hätte.
Nachdem Belecke für wenige Jahre nach dem Tode Theophanus an das Kloster Gandersheim gefallen war, kaufte es im Jahre 1009 Heinrich II. als „curtis badilicka“ für die deutsche Kaiserkrone zurück. Nach ihm ist auch die Belecker Heilquelle, das Kaiser-Heinrich-Bad, benannt. Einer Sage zufolge sollen Heinrich und seine Gemahlin Kunigunde im Belecker Wasser gebadet und Linderung ihrer Beschwernisse erfahren haben. Bis in die 1970er Jahre hinein wurde in Belecke das natürliche Mineralwasser aus dem Kaiser-Heinrich-Brunnen unter der Leitung zunächst von Fritz Borghoff, nach dessen tragischem Tod noch einige Zeit von dessen Sohn Hermann Borghoff fortgeführt.
In das 11. Jahrhundert n. Chr. fällt der Beginn der nachweisbaren Belecker Kirchengeschichte. Erzbischof Anno II. von Köln vermachte im Jahre 1064 dem Kloster Siegburg bei Bonn den Zehnten zu Belecke. Der Zehnt, auch decem oder decima genannt, war eine meist jährlich wiederkehrende Abgabe des 10. Teils (in der Praxis jedoch häufig weniger als 10 %) der Erträge eines Grundstücks. Im Jahre 1072 dann gründete Anno das Kloster Grafschaft bei Schmallenberg und übertrug den Zehnten nach dort. In der Gründungsurkunde ist Belecke zweimal erwähnt. Nachbarorte wie Mülheim/Möhne leiten aus diesem wichtigen Dokument sogar ihre erste urkundliche Erwähnung ab.
In der Einleitung heißt es: „Im Namen der heiligen und unteilbaren Dreifaltigkeit sei hiermit allen Christgäubigen kundgetan, dass ich, Anno, von Gottes Gnaden Erzbischof von Köln, einen Ort in Sachsen namens Grafschaft von einer Frau namens Chuniza und ihrem Sohn Timeo erworben habe. Dorthin habe ich mit Erlaubnis des Papstes Alexander und des Kaisers Heinrich im Jahre 1072 Mönche aus Siegburg hingesetzt und zum gleichen Recht wie die übrigen kölnischen Abteien bestätigt.“
Im Jahre 1087 dann weihte Erzbischof Sigewin von Köln die erste Belecker Kirche, wohl im romanischen Stil der Zeit. Abbildungen dieser Kirche sind nicht überliefert. Als Kirche allein für die Mönche erbaut, war Altenrüthen die für Belecke zuständige Pfarrei geblieben. Dorthin machte man sich auf, um die Hl. Messe zu besuchen. Im Jahre 1296 erhielt Belecke dann die Pfarrrechte.